Gesangslehrer und andere Katastrophen...

 

Ich war knapp 30 Jahre alt als ich meinen Wunsch zu singen nicht mehr ignorieren konnte. Da ich aber Angst hatte es „einfach zu tun“ (es könnte ja sein das ich es gar nicht kann) bin ich zu einem Gesangslehrer gegangen. Eigentlich nur um mir eine  „professionelle“ Bestätigung zu holen ob ich singen kann. (Ganz ehrlich: „… wenn du Morgens aufstehst und an nichts anderes denken kannst als an Singen, wenn du Abends ins Bett gehst und an nichts anderes denken kannst als an Singen, dann bist du Sängerin!“ – Woopi Goldberg in „Sister Act 2“) Daraufhin habe ich einen Jahresvertrag unterschrieben J

 

 

 

Meinen ersten Gesangsunterricht hatte ich also vor ca. 15 Jahren und  mein erster Gesangslehrer war ein Opernsänger aus Litauen. Er hat mir mein Können „bestätigt“ und so haben wir Woche für Woche fleißig die Tonleiter rauf und runtergesungen. Er war fasziniert von meiner Stimme, ich war fasziniert davon wie schön hoch und klassisch ich singen kann und so waren wir beide glücklich. Nach ca. einem Jahr habe ich festgestellt das unser Unterricht in nette Gespräche ausgeartet ist und ich ihn dafür bezahlt hatte das wir nett miteinander plauderten. Ich habe es beendet und eins stand für mich danach fest: Gesangsunterricht ist sinnlos und kostet nur Geld, das was ich dort lerne hat nichts damit zu tun was ich auf der Bühne brauche und ist somit unnötig!

 

Bum – erster Lehrer, gleich alles versaut!

 

 

 

Weiterhin lief es mehr oder weniger gut auch ohne Unterricht. Einige Bands, viele Auftritte, immer wieder Komplimente und begeistertes Publikum. Also setze ich Anfang 2016 alles auf eine Karte und kündige meinen Job um mich selbstständig zu machen. Diese Karte ist natürlich meine Stimme… die im darauffolgenden Sommer völlig den Geist aufgibt! Ich kann weder singen noch sprechen. Diagnose: zu viel Druck und völlige Überbelastung, falsche Atmung, falsche Haltung! Glück im Unglück: die Stimmbänder sind intakt, es ist „nur“ die Muskulatur drum herum die sich verspannt hat. Ab zum Logopäden und „back zu Basics“ - das richtige Atmen lernen.

 

Bum – kein Lehrer, auch alles versaut!

 

 

 

Eine klasse Logopädin! die mir doch tatsächlich gesagt hat, dass ich eine Art Sozialschmarozer bin. Habe meine Stimme mehr oder weniger mutwillig kaputt gemacht um sie jetzt auf Kosten der Krankenkasse zu reparieren. Natürlich hat sie das nicht wörtlich so gesagt aber sie hat mir ordentlich den „Kopf gewaschen“ und mich damit wuchsteufelswild gemacht. Geht’s noch? Wie kann sie es wagen? Ich brauche Hilfe und sie kommt mir so, so eine… AAAHHHRRRRR!!!! Ich hatte Lust irgendwas zu zerstören, habe getobt wie ein Nashorn, bis mir klar wurde warum ich so wütend bin. Die Dame hatte RECHT und traf voll ins Schwarze. Sie hat mich dazu gebracht mich meiner eigenen Verantwortung meinem Körper und meiner Stimme gegenüber klar zu werden. Es war hart zu sehen was ich mir selbst abverlangte ohne das nötige zu tun. Es ist so als ob man von der Couch aus einen Marathon laufen würde, es kann nicht gut gehen. Sie hat mich dazu gebracht die Sache mit dem Unterricht zu überdenken.

 

Bum – richtiger Lehrer, alles wieder offen!

 

 

 

Seither ist viel passiert. Viel Training, viele Aha-Erlebnisse, viel Theorie, physiologische und psychologische Fortschritte, viele Gespräche mit meiner Logopädin, die Tag für Tag mit solchen Fällen arbeitet. Ich habe, Gott sei Dank, meine Stimme wieder und so blöd es klingt, im Nachhinein bin ich wirklich froh dass mir das passiert ist, denn es hat mich vieles gelehrt, z.B. dass wir erst etwas schätzen wenn es nicht mehr da ist. Das ein Sänger nicht gleich ein Gesangslehrer und ein Gesangslehrer, nicht gleich ein Gesanglehrer ist. Dass ein Studium keine Garantie für gesundes Singen bietet. Im Gegenteil es gibt viele, viele Gesanglehreregos, die dir erzählen wie toll sie sind und das sie ihr Geld wert sind. Lehrer die die Schüler psychisch und stimmlich eher belasten. Das viele Sänger viel Geld bezahlen um ihre Stimme eigentlich kaputt zu „trainieren“.

 

 

 

Auch habe ich gelernt dass ein richtiger Gesangsunterricht niemals sinnlos, unnötig, oder zu teuer ist und dass ein wirklich guter Gesangslehrer Gold wert ist. So einen Lehrer habe ich in Hamburg kennen lernen dürfen. H. Halseband – hatte selbst studiert und dabei eigene Stimme gegen die Wand gefahren, hat sie in New York wieder hergestellt und dadurch sehr effektive Methoden kennen gelernt. Er arbeitet täglich mit Musicaldarstellern, Opernsänger, Musikstudenten und Hobbysängern. Täglich repariert und trainiert er viele kaputte und auch todstudierte, todgesungene Stimmen. Durch seine Erfahrung war er sehr bemüht so viel wie möglich an Theorie und Praxis in unsere vier Stunden Unterricht rein zu packen. Es lag ihm sehr viel daran, die Stimme vor ihm zu Entfaltung zu bringen. Ich war erstaunt wie leicht und natürlich sich das Singen anfühlen kann und mit was für einer Wucht die Stimme kommt wenn sie in ihrer Natürlichkeit nicht behindert wird.

 

Jetzt bin ich wirklich froh den Unterschied zu kennen.

 

 

 

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